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Definition
- Duden: jemand, der kunstgewerbliche Erzeugnisse entwirft oder herstellt | Duden: Kunstgewerbe: 1. Gebiet der bildenden Kunst, das Entwurf und Herstellung von künstlerisch gestalteten Gebrauchsgegenständen und von Schmuck umfasst | Meyers Großes Konversations-Lexikon 1907: Kunstgewerbe (Kunstindustrie), die Verbindung der Kunst mit dem Gewerbe. Man versteht unter Erzeugnissen des Kunstgewerbes diejenigen, die ihrem Wesen nach für einen praktischen Zweck bestimmt sind, deren Formen jedoch durch die Kunst so veredelt sind, daß sie zugleich als Kunstwerke gelten können. Die Geistesrichtung, der das K. seine Entstehung verdankt, findet sich als Gemeingut aller Kulturepochen schon in den rohesten Anfängen menschlicher Tätigkeit. Die Bronzegeräte vorgeschichtlicher Zeit, die Flechtarbeiten wilder Stämme, die Tongeräte und Nähereien bäuerlicher Distrikte gehören in den Kreis des Kunstgewerbes. Im Mittelalter bestand kein Unterschied zwischen Handwerkern und Künstlern. In der Renaissancezeit begann erst die Wandlung der Verhältnisse, indem die eigentlichen Künstler sich aus der Handwerkerzunft heraushoben und eine höhere Stellung neben den Gelehrten und andern Geistesgrößen des Volkes erhielten. Im 16. Jahrh. waren aber die Beziehungen zwischen Kunst und Handwerk noch sehr lebendig. Dürer und Holbein zeichneten für das Handwerk; von den Schülern Dürers waren die meisten, die sogen. Kleinmeister, durch Entwürfe, in Kupferstich ausgeführt (Ornamentstiche), dafür tätig. Erst im 17. Jahrh. wurde die Trennung stärker. Der eigentliche Maler und Bildhauer hatte mit dem K. nichts mehr zu tun. Die Architekten und berufsmäßige Ornamentzeichner übernahmen die Führung. Das Bestreben der Veredelung, auch der gewöhnlichen Dinge, durch die Kunst ging aber erst verloren, als die Großindustrie mit ihren Maschinen den Handwerkern den größten Teil der Arbeit abnahm. Auf allen Gebieten strebte man fortan nur nach Billigkeit ohne Rücksicht auf den Geschmack, und infolgedessen verloren alle Fabrikate das künstlerische Gepräge. Solches war besonders in Deutschland der Fall, während man in England die Solidität und in Frankreich die Eleganz der Form nie ganz aus dem Auge verlor. Als 1851 die erste allgemeine Industrieausstellung in London veranstaltet wurde, stellte es sich heraus, daß die Erzeugnisse der Franzosen als die reizvollsten beim Publikum den meisten Beifall fanden, und daß infolgedessen die Industrie für das Land eine unerschöpfliche Quelle des Wohlstandes war, weil sie den Weltmarkt beherrschte. Die Engländer verstanden sofort die Wichtigkeit der Frage und begründeten zur Hebung des kunstgewerblichen Unterrichts das Department of science and art und das South Kensington-Museum, das sich in großartigster Weise entwickelte. Auch wurden an verschiedenen Orken Kunstschulen gegründet, in denen besonders der Zeichenunterricht, als die Grundlage kunstgewerblicher Tätigkeit, gepflegt wurde. Bereits 1867 auf der Pariser Ausstellung stand die englische Kunsttöpferei ebenbürtig neben der französischen und beherrschte seitdem lange Zeit gemeinsam mit ihr den Weltmarkt. Das englische Glas gelangte zu derselben Vollendung. Auch die englische Möbelindustrie und Zimmerausstattung errangen nationale Selbständigkeit. Mit Anlehnung an die mittelalterlich-gotischen Formen, einem kräftigen Naturstudium und geistreicher Benutzung orientalischer, speziell chinesisch-japanischer Motive entstand dort eine eigenartige Dekorationsweise, die sich auf den Bau des Hauses, auf Tischlerei, Malerei, Tapeten, Teppiche und Stoffe erstreckt. Aus ähnlichen Motiven wie die Engländer[813] gründete v. Eitelberger für Österreich 1864 das Museum für Kunst und Industrie in Wien, eine Sammlung mustergültiger Gegenstände der Kunst und des Kunstgewerbes und eine damit verbundene Kunstgewerbeschule, deren Direktoren und Lehrer, besonders J. Falke und B. Bucher, durch ihre Lehre so kräftig wirkten, daß die ersten Erfolge schon auf der Wiener Weltausstellung von 1873 sichtbar waren. Durch die Begründung einer großen Zahl von Fachschulen (jetzt über 90) wurden alle Teile der Monarchie gleichmäßig in die Bewegung hineingezogen. [...] | Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 813-815. | Permalink: http://www.zeno.org/nid/20006955363