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Definition
- Duden: weibliche Person, die der Prostitution nachgeht | Meyers Großes Konversations-Lexikon 1908: Prostitution (lat.), die von einem Weib öffentlich gewerbsmäßig betriebene Preisgebung des eignen Körpers gegen Entgelt an jeden Beliebigen. Zwischen dieser Form des geschlechtlichen Verkehrs und dem in einer aus Liebe geschlossenen Ehe liegen sehr viele andre, die je nach dem Standpunkte des Beurteilenden auch zur P. gerechnet werden oder nicht. Jedenfalls hat man zu unterscheiden zwischen der öffentlichen P. und einer geheimen, die sich unter irgend einem Deckmantel verbirgt. Die P. findet sich schon im Altertum und bei sehr vielen Naturvölkern. Oft war und ist die P. mit dem religiösen Kultus verbunden. In Babylon zwang das Gesetz jede Frau, sich einmal in ihrem Leben im Tempel der Venus (Istar-Beltis, Mylitta) einem Fremden gegen eine Geldspende preiszugeben. Ähnliches findet sich im Kultus der westasiatischen Astarte, der altpersischen Anaitis und der kyprischen Aphrodite. Auch Ägypten hatte seine heilige P. Der Venustempel in Korinth beherbergte mehr als tausend der Göttin geweihte Mädchen, und allgemein war es Sitte, der Göttin eine Anzahl Mädchen zu weihen, wenn man sie anflehte oder ihr dankte. Solon, der die reichen Einnahmen der Tempel dem Staate zuwenden wollte, gründete das Dikterion, das er mit Sklavinnen bevölkerte. Während aber die Dikteriaden den erotischen Bedürfnissen des niedern Volkes dienten und die Aleutriden als Flötenspielerinnen, Sängerinnen und Tänzerinnen bei Gastmählern erschienen, waren die Hetären durch Schönheit, seine Erziehung und Bildung hervorragende Mädchen, die dem ästhetischen Enthusiasmus der Griechen entgegenkamen und vielfach für die Kunst, die Literatur und die Geschichte des Landes bedeutungsvoll wurden. Die Patriarchen und Propheten des Alten Testaments bezeugen, daß zu ihrer Zeit schon P. bestand (1. Mos. 34,31; 38,15); doch war die P. den Töchtern Israels untersagt. Viel verbreitet war im Altertum und ist bei manchen Völkern noch jetzt die gastliche P., bei der die Frau des Wirtes oder irgend ein andres Weib dem Gaste zur Verfügung gestellt wird. Die Römer hatten öffentliche staatliche und private Freudenhäuser (lupanaria und fornices) sowie selbständige Lustdirnen (meretrices und prostibulae), und in ihren Bädern pflegten sich feile Frauen einzufinden. Der keusche Sinn, die Sittsamkeit und Ehrbarkeit, die den Frauen und Mädchen der alten Germanen in hohem Grad eigen war, ging zu einem größern Teil mit dem Eindringen römischer Kultur und in der Berührung mit andern Völkern verloren. Zwar suchten die christlichen Gesetzgeber und Regenten dem Übel zu steuern (so gab Karl d. Gr. in seinen Kapitularien das erste Beispiel einer übertriebenen Strenge), allein trotz der harten Strafen (Brandmarken und Abschneiden der Nase), mit der 1158 auch Friedrich I. Barbarossa die Unzucht verfolgte, war doch nichts häufiger als liederliche Frauen und Frauenhäuser. Hierzu trugen die Kreuzzüge wesentlich bei, und das europäische Mittelalter kannte neben der zarten Minne auch die P. in ihrer widerwärtigsten Gestalt. Man sah im Mittelalter die P. als einen notwendigen Teil des staatlichen Organismus an und strebte in den Städten dahin, das Verhältnis zwischen P. und Stadtregiment[389] auf Grund eines gegenseitigen Vertrags zu ordnen. Die Obrigkeit kontrollierte an manchen Orten die Frauenhäuser (Jungfernhöfe, Bordelle, vom angelsächsischen borda, »Haus«) und nahm die Wirte (Rufsiane), die Bedienstete des Rats waren, in Pflicht und Eid, daß sie die nötige Anzahl von Frauen (törichte Dirnen, fahrende Frauen) vollständig hielten; anderwärts gab man den Prostituierten eine Zunftordnung, erhob aber von ihnen Gefälle und stellte sie unter Aussicht des Stockmeisters oder Henkers. Überall aber bediente man sich der öffentlichen Buhlerinnen ohne Scham und Scheu. Das Konzil zu Konstanz (1414) lockte nicht weniger als 1500 feile Frauen herbei. Noch im Dreißigjährigen Kriege folgten den Heeren große Scharen von Dirnen. Viele Städte duldeten in den Bordellen nur heimische, andre nur fremde Mädchen. Es bestand ein schwunghafter Mädchenhandel (s. Kuppelei und Mädchenschutz) auch nach auswärts, besonders nach Venedig, London, Bergen; am begehrtesten waren schwäbische und sächsische Mädchen. Dieser Mädchenhandel hat sich bis in die Gegenwart erhalten und betrifft jetzt namentlich auch Böhminnen, Galizierinnen, Ungarinnen etc. Zu seiner Unterdrückung werden vielfach nur heimische Mädchen polizeilich geduldet. – In Indien ist die P. überall, wo noch alte wahre Frömmigkeit herrscht, religiös geregelt. Die Mädchen geben sich einem Gotte hin, der sich durch seinen Priester vertreten läßt, und dann dürfen sie dieselbe Gunst allen Leuten ihrer Kaste erweisen. Die höchsten Ehren genießen die Tempelmädchen der beiden obern Kasten, die eigentlichen Bajaderen (s. d.), während die Nautsch- oder Tanzmädchen aus den untern Klassen stammen und sich einem größern Kreise von Männern widmen können, da nur der Umgang mit einem niedern, nicht mit einem höhern Kastner schändet. Die Almehs in Ägypten sind wie die Puzen auf Java und die Sives in Polynesien Vertreterinnen der gemeinen P. In schlimmster Weise treiben das Geschäft der P. die Blumenmädchen in China, die teils in Blumenbooten auf dem Wasser, teils in blauen Häusern auf dem Lande Gäste empfangen; dort werden gestohlene oder von ihren Eltern verkaufte Kinder lediglich zur P. herangebildet. Auch in Japan verkaufen unbemittelte Leute ihre Töchter in die Teehäuser, die unter dem Schutze der Regierung stehen; Sinagawa, eine Vorstadt Tokios, wird nur von Freudenmädchen bewohnt; allein kein Schimpf ist mit dem Gewerbe verknüpft, die Dirnen sind sogar sehr gesucht als Frauen und leben später in der Ehe unbescholten. [...] | Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 389-391. | Permalink: http://www.zeno.org/nid/20007294859