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Definition
- Duden: 1. (Geschichte) königlicher Amtsträger (Beamter), der in seinem Amtsbezirk weitgehende administrative und richterliche Befugnisse [sowie grundherrliche Rechte] hat | 2. a. Adelstitel zwischen Fürst und Freiherr | b. Mann mit Grafentitel | Meyers Großes Konversations-Lexikon 1907: Graf (lat. Comes, franz. Comte, engl. Earl, ital. Conte), ein an der Spitze einer Grafschaft (s. d.) stehender, vom König ernannter Beamter der fränkischen und karolingischen Zeit. Der G. hatte als Stellvertreter des Königs in seinem Gau die gesamte königliche Gewalt auszuüben, also den Gerichts- und Heerbann. Zur Ausübung dieser Rechte reiste er in den Hundertschaften seines Gaues umher (vgl. Gau). Einen Gehalt bezog er nicht, erhielt jedoch einen Teil der Gerichtsgefälle, der Bannbußen und die Nutzung der mit der Grafschaft als Amtsgut verbundenen Liegenschaften. Schon in fränkischer Zeit hatte sich eine tatsächliche Erblichkeit des Grafenamtes ausgebildet; in nachfränkischer Zeit entwickelte sich die rechtliche Erblichkeit, indem das Grafenamt selbst zu Lehen gegeben und wie andre Lehen erblich wurde. Hierdurch sowie durch die Übertragung der gräflichen Gerichtsbarkeit über die freien Eingesessenen der Immunitäten an die Immunitätsherren, ferner durch die Vereinigung mehrerer Grafschaften in einer Hand und die Auflösung mancher Gaue in mehrere Grafschaften verfiel die alte Gaueinteilung gänzlich; gleichzeitig verwischte sich der Unterschied zwischen Grafschaft und Grundherrschaft, und man verstand bald unter Grafschaft nicht mehr ein Amt, sondern ein Gebiet, dessen Besitzer gewisse Hoheitsrechte, namentlich die Gerichtsbarkeit, zustanden. Die Grafschaften wandelten sich so aus Regierungsbezirken in Territorien um und gaben den Kern für die Entstehung der Landeshoheit. Zahlreiche Grafen erhielten den Heerbann des Herzogs innerhalb ihrer Grafschaften, so insbes. von alter Zeit her die Markgrafen (s. d.), dann die Pfalzgrafen (s. d.) und andre Grafen, die deshalb mitunter den Titel Landgrafen (s. d.) annahmen. Anfangs gehörten die Grafen kraft ihres Amtes zu den Reichsfürsten (principes); seit Ende des 12. Jahrh. war für die Zugehörigkeit zum Reichsfürstenstand entscheidend die unmittelbare lehnrechtliche Unterordnung unter den König; demnach gehörten zu den Reichsfürsten nur diejenigen Grafen, welche die Grafschaft unmittelbar vom König empfangen hatten; die übrigen gehörten zu der Klasse der freien Herren (nobiles, barones). Die Grafen, die fürstlichen Rang hatten, führten im Fürstenrat (s. Fürstenbank) Virilstimmen (s. d.), die übrigen reichsständischen Grafen (Reichsgrafen) waren zu Kuriatstimmen (s. d.) vereinigt, deren anfangs zwei, die wetterauische und die schwäbische, waren, zu denen 1640 noch eine fränkische und 1653 eine westfälische kam; jede dieser Grafenbänke hatte eine Stimme. Unter »alten Grafen« (altgräflichen Häusern) wurden solche Grafen verstanden, die sich im unvordenklichen Besitz der Grafenwürde befanden. Mit den infolge der Rheinbundsakte (1806) eingetretenen Mediatisierungen hörte die Souveränität der vormals reichsständischen Grafen auf. Diese Grafengeschlechter, wie die Grafen von Castell, Erbach, Fugger, Giech, Leiningen, Ortenburg, Quadt-Wykradt, Solms, Stolberg u. a., gehören jetzt zum deutschen hohen Adel (s. d.) Durch Beschluß der deutschen Bundesversammlung vom 13. Febr. 1829 wurde den Häuptern der Grafenfamilien das Prädikat »Erlaucht« (s. d.) verliehen. Schon zur Reichszeit wurde der Grafentitel auch von Landesherren verliehen. Der moderne Grafentitel vererbt regelmäßig auf alle Kinder; in Preußen wurde seit 1840 bei Neuverleihung des Grafentitels das Prinzip der Vererbung des Titels nach dem Rechte der Erstgeburt eingeführt. Über Burggraf, Freigraf, Hofpfalzgraf, Stallgraf s. Burggraf, Femgerichte, Pfalzgraf, Connetable. Die Titel Holz-, Salz- (Hall-), Deich-, Mühl-, Wassergrafen bezeichnen besondere, von den landesherrlichen Gerichten eximierte Verhältnisse; Hansgraf (von Hause, Hansa, s. d.) hieß im 14. Jahrh. der Vorsteher der Kaufmannsinnung in Regensburg, in Bremen Hansegreve. G. oder comes der sächsischen Nation heißt noch heute in Siebenbürgen der Chef der politischen Behörden des Sachsenlandes. | Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 209. | Permalink: http://www.zeno.org/nid/20006703224
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