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Definition
- Duden: Deutschritterorden: jüngster der drei großen Ritterorden des Mittelalters, Deutscher Orden | Meyers Großes Konversations-Lexikon 1906: Deutscher Orden (Orden der Ritter des Hospitals St. Marien des Deutschen Hauses oder der Deutschen zu Jerusalem, später auch wohl Deutschherren oder Marianer genannt), der jüngste der drei großen, zur Zeit der Kreuzzüge im Heiligen Land entstandenen geistlichen Ritterorden. Bei der Belagerung von Accon (Akka) im dritten Kreuzzug errichteten deutsche Kaufleute aus Lübeck und Bremen unter Leitung eines gewissen Siegebrand zur Pflege kranker Landsleute Zelte, aus denen allmählich ein Hospital erwuchs. Die Pfleger gaben sich eine geistliche Organisation und nahmen die Regeln der Johanniter an. Bei ihrer Heimkehr übertrugen die Kaufleute den Schutz über ihre Stiftung zwei Begleitern des Herzogs Friedrich von Schwaben, dem [733] Kaplan Konrad und dem Kämmerer Burkhard. Auch Herzog Friedrich selbst nahm sich der frommen Stiftung gern an und empfahl sie seinem Bruder, Kaiser Heinrich VI. Auf sein Bemühen erfolgte, einige Wochen nach seinem Tode, 6. Febr. 1191 die Bestätigung durch Clemens III., die 21. Dez. 1196 Cölestin III. wiederholte. Als die deutschen Fürsten, die 1197 nach dem Heiligen Lande gekommen waren, auf die Nachricht vom Tode des Kaisers sich zur Heimkehr entschlossen, verwandelten sie 5. März 1198 in Accon mit Beirat der beiden ältern Ritterorden und andrer geistlicher und weltlicher Großen des Orients den Krankenpflegerorden in einen geistlichen Ritterorden. Papst Innocenz III. bestätigte ihn durch die Bulle vom 19. Febr. 1199; außer den drei Mönchsgelübden übernahm der neue Orden gleich den Templern auch die Verpflichtung zum Heidenkampf und erhielt als Kleidung den weißen Mantel mit schwarzem Kreuz. | Nun wuchs der Orden schnell an Besitz und Macht. In Unteritalien verliehen ihm Kaiser Heinrich VI. und Friedrich II. Grundbesitz; auch in Griechenland, Spanien, Frankreich, am meisten aber in Deutschland erwarb er solchen. Die oberste Leitung des Ordens hatte der Hochmeister; an der Spitze größerer Bezirke standen Landmeister oder Landkomture; in jeder Burg waltete ein Komtur (Kommentur, Kommendator), dem der Konvent der zur Burg gehörigen Ordensritter beratend zur Seite stand. Der Landmeister hielt mit der Jahresversammlung seines Landkapitels Rat, der Hochmeister mit dem jährlich einmal zusammentretenden großen oder Generalkapitel. Einen ständigen engern Rat bildeten die fünf Großwürdenträger oder Gebietiger des Ordens: der Großkomtur, der die Aussicht über den Ordensschatz und alle Vorräte zu führen und den Hochmeister bei längerer Krankheit oder Abwesenheit zu vertreten hatte; der oberste Marschall, dem das Kriegswesen, der oberste Spittler, dem die Krankenpflege und das ganze Spitalwesen, der oberste Trappier, dem die Beschaffung und Verteilung aller Kleidung, endlich der Treßler, dem die Verwaltung des gesamten Finanzwesens oblag. Die Großwürdenträger und die Landmeister bildeten das Generalkapitel und die unter einem Landmeister stehenden Burgkomture sein Landkapitel. Das Generalkapitel hatte alle Gesetze zu genehmigen und die Rechenschaft der Gebietiger über ihre Amtsführung, namentlich über die Finanzverwaltung, entgegenzunehmen; auch wurde es bei Ernennung und Absetzung der Gebietiger gehört. Entsprechend waren die Rechte der Landkapitel bemessen. Die Beamten, die als Ordensmitglieder zu unbedingtem Gehorsam gegen ihre Obern verpflichtet waren, blieben so lange in ihren Stellen, bis sie entweder unbrauchbar oder einer Beförderung würdig erschienen. Der Hochmeister wurde auf Lebenszeit gewählt und zwar meist auf einem außerordentlichen Generalkapitel, und konnte nur in ganz besondern Fällen abgesetzt werden. Die Mitglieder des Ordens, die rittermäßigen Standes sein mußten, zerfielen in Ritterbrüder und Priesterbrüder, neben ihnen gab es auch dienende Brüder niedern Standes (Graumänner); zu gewissen Dienstleistungen (in den Hospitälern und auf den Höfen) konnten auch weibliche Personen als Halbschwestern aufgenommen werden. Damit ferner der Orden mehr Leuten nutze sein möge, wie es in den Statuten heißt, in Wirklichkeit aber wohl mehr, um die Verpflichtung, für das Wohl des Ordens mitzuwirken, auf weitere Kreise auszudehnen und um Erbschaften zu erlangen, war es auch weltlichen Leuten, verheirateten und unverheirateten, gestattet, »die Heimlichkeit des Ordens zu empfangen«, ohne daß sie aus ihrem Stand austraten; zum Zeichen trugen sie das halbe Kreuz. Genauere Einsicht in das Wesen und die Verwaltung des Ordens gewähren die Statuten oder Ordensbücher, von denen das älteste vorhandene Exemplar (in deutscher Sprache) der zweiten Hälfte des 13. Jahrh. angehört. Die Bulle des Papstes Honorius III. vom 15. Dez. 1220 faßte die sämtlichen päpstlichen Privilegien des Ordens zusammen: Von den Besitzungen, die er bereits vor dem großen Laterankonzil von 1215 innehatte, durfte niemand von ihm den Zehnten fordern, sondern nur von den später erworbenen; nahm der Orden Geistliche an, die nicht zu ihm selbst gehörten, so hatte über sie nicht der Diözesanbischof, sondern Meister und Kapitel die Jurisdiktion; andre bischöfliche Funktionen aber (Weihe von Altären und Kirchen, Einsetzung von Geistlichen und andre kirchliche Sakramente) standen nicht dem Meister zu, sondern blieben, allerdings zu unentgeltlicher Leistung, dem Bischofe vorbehalten; in Gebieten endlich, die der Orden den Ungläubigen abnahm, durfte er Kirchen und Kapellen anlegen, die nur dem päpstlichen Stuhl unterworfen sein sollten. Vom König von Jerusalem erhielt der Orden, wie später auch in andern Ländern, Zollfreiheit und auf seinem schwarzen Kreuz das goldene Kreuz Jerusalems (nach der Tradition 1219); Kaiser Friedrich II. verlieh ihm das Recht, Reichslehen und Allodien durch Schenkung oder Kauf an sich zu bringen, und gewährte dem Hochmeister sowie dem Landmeister in deutschen Landen eine bestimmt geregelte, gastfreie Aufnahme am Hof. [...] | Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 733-737. | Permalink: http://www.zeno.org/nid/20006483682