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Definition
- Duden: Vertreter der herrschenden Oberschicht in einem Feudalstaat | Duden: 1. auf dem Lehnsrecht aufgebaute Wirtschafts- und Gesellschaftsform, in der alle Herrschaftsfunktionen von der über den Grundbesitz verfügenden aristokratischen Oberschicht ausgeübt werden | 2. a. System des Lehnswesens im mittelalterlichen Europa | b. Zeit des Feudalismus | Meyers Großes Konversations-Lexikon 1908: Lehnswesen (Feudal-, Benefizialwesen). Man versteht unter Lehn oder Lehen (Lehnrecht, lat. Feudum, Feodum, Beneficium) das ausgedehnteste erbliche Nutzungsrecht an einer fremden Sache, das sich auf eine Verleihung seitens des Eigentümers gründet, die zugleich zwischen diesem und dem Berechtigten das Verhältnis wechselseitiger Treue hervorruft; auch diese Sache selbst, zumeist ein Grundstück oder ein Komplex von Grundstücken, wird Lehn (Lehnsgut) genannt. Der betreffende Eigentümer ist der Lehnsherr (Lehngeber, dominus feudi, senior), der Berechtigte der Vasall (vassus, vasallus) oder Lehnsmann. Sprachlich hängt der Ausdruck »Lehn« mit »leihen« zusammen, bedeutet also soviel wie geliehenes Gut; über das Wort Feudum (Feodum) s. d. Den Gegensatz zum Lehn bildet das freie Eigentum, Allodium (s. d.). Die dem Vasallen zustehende Berechtigung nähert sich tatsächlich dem Eigentum so sehr, daß man dieselbe geradezu als nutzbares Eigentum (dominium utile) u. das Recht des eigentlichen Eigentümers als Obereigentum (dominium directum) bezeichnet. Die Rechtsgrundsätze über das L. bilden das Lehnrecht im objektiven Sinne. | Das L. ist hervorgegangen aus der Verschmelzung zweier Rechtsinstitute wesentlich germanischen Ursprungs, des Benefizialwesens, der Beleihung (beneficium) mit Kirchengütern, und der Vasallität, die aus der germanischen Gefolgschaft (s. d.) hervorgegangen ist. Durch die Verbindung von Benefizialwesen und Vasallität entstand das mittelalterliche Lehn als ein mit der Verpflichtung zu vasallischer Treue und vasallischen Diensten verliehenes Benefizium. Seit dem 10. Jahrh. wurde die Verpflichtung zum Kriegsdienst auf den Lehnbesitz gegründet. Vom militärischen Gebiet aus hat das L. allmählich das Gebiet der Reichsverhältnisse überhaupt erfaßt; während nämlich anfänglich Gegenstand des Benefiziums nur Grundstücke, dann auch Klöster, Kirchen sein konnten, wurden später auch obrigkeitliche Rechte, namentlich die Grafschaft (s. Graf) und die Herzogswürde, zu Lehn gegeben, so daß sich erbliche Zwischengewalten zwischen der Krone und der Masse der Bevölkerung herausbildeten. So entstand eine besondere Staatsform, die das ganze Mittelalter beherrscht, bis durch die Einführung stehender Heere seit dem 15. Jahrh. der Anstoß zur Beseitigung der politischen Bedeutung des Lehnswesens gegeben wurde. In Frankreich und England brach das Königtum die Macht der Feudalaristokratie. In Deutschland führte das L. mit dem Sinken der kaiserlichen Macht zur Entwickelung der Landeshoheit, in der es in politischer Beziehung schließlich ausging. Durch die Auflösung des Deutschen Reiches wurde der bisher formell erhaltene Reichslehenverband aufgehoben, indem die Fürsten, insoweit sie nicht mediatisiert wurden, aus Vasallen des Reiches zu unabhängigen Trägern der vollen Staatsgewalt wurden und die Lehnsherrlichkeit des Reiches im übrigen auf die neuen Souveräne überging. In privatrechtlicher Beziehung wurde das L. in Frankreich durch die Revolution von 1789 vollständig beseitigt. In Deutschland erfolgte seit Mitte vorigen Jahrhunderts durch die staatliche Gesetzgebung eine Umgestaltung des Lehnswesens, durch die dasselbe seine Bedeutung größtenteils verloren hat (s. Ablösung). In wenigen Ländern, z. B. in Mecklenburg, ist das L. intakt geblieben; im übrigen besteht es unverändert nur bei Thronlehn und andern landesherrlichen Dotations- und Gnadenlehn fort; auch die Kronämter werden vielfach noch zu Lehnrecht verliehen. Alle andern Lehen sind entweder völlig allodifiziert oder doch von der Lehnsherrlichkeit befreit, so daß sie nur noch dem agnatischen Recht unterliegen. Für das öffentliche Recht hat das Lehnrecht praktische Bedeutung nur noch bei Thronfolgefragen, die mangels besonderer hausgesetzlicher Normen nach altem Reichslehnrecht beurteilt werden. [...] | Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 335-338. | Permalink: http://www.zeno.org/nid/20006987982